Integralsätze - Vorlesung
Contents
Integralsätze - Vorlesung¶
Themenüberblick:
Wiederholung 1-dimensionaler Integrale
2-dimensionale Integrale: angepasste Koordinaten, Substitutionsformel
3-dimensionale Integrale: angepasste Koordinaten, Substitutionsformel
Oberflächenintegrale
Integralsätze
zusätzliche Unterlagen: 14_Mehrfachintegrale_und_Integralsaetze-scan.pdf
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Wiederholung 1-dimensionaler Integrale¶
Integrieren ist das Aggregieren (Aufsummieren, Addieren) von Teilen (Flächenteile, Volumenteile, Massenteile, Kostenteile, Energieteile etc.) zu einer Gesamtheit (Fläche, Volumen, Masse, Kosten, Energie etc.). Die Teile der zu aggregierenden Größe bestehen beim 1-dimensionalen Integrieren immer aus dem Produkt der Änderungen einer unabhängigen Variablen \(x\) und einer davon abhängenden Größe \(f(x)\), z. B.
zu aggregierende Größe |
unabhängige Variable |
abhängige Variable |
---|---|---|
Fläche mit drei geraden rechtwinkligen Seiten |
Ort entlang der mittleren Seite |
Abstand zur gegenüberliegenden Seite am Ort |
Masse einer Stange |
Ort entlang der Stange |
Dichte (Masse pro Länge) am Ort |
Arbeit |
Ort |
Kraft am Ort |
Strecke |
Zeitpunkt |
Geschwindigkeit zum Zeitpunkt |
Wahrscheinlichkeit |
unsichere Größe (Preis, Temperatur, Sonneneinstrahlung etc.) |
Wahrscheinlichkeitsdichte beim Wert der Größe |
Zur Berechnung der zu aggregierende Größe zwischen \(x=x_1\) und \(x=x_2\) werden die Teile durch Produkte \(f(\xi_i)\Delta x\) approximiert: \(\Delta x\) ist die Änderung (Schrittweite) der unabhängigen Variable \(x\) und \(f(\xi_i)\) ist die abhängige Größe bei \(x=\xi_i\) dem Beginn des \(i\)-ten Schritts. Da \(f(x)\) über den Schritt hinweg variieren kann, bildet dieses Produkt nur eine Approximation. Die Summe der approximierten Teile entspricht umso besser der Gesamtheit, je kleiner \(\Delta x\) ist und daher je mehr Teile verwendet werden. Im Grenzübergang der Schrittweite gegen Null stimmt die Summe der approximierten Teile mit der Gesamtheit überein:
Diese Tatsache ist nicht offensichtlich, wir werden Sie aber nicht beweisen. Das Differential \(f(x)\,\text{d}x\) heißt der Integrand des Integrals. Im eindimensionalen Fall ist jedes Differential \(f(x)\,\text{d}x\) exakt, d. h. es gibt immer eine Funktion \(F(x)\) (Stammfunktion) deren Differential mit \(f(x)\,\text{d}x\) übereinstimmt: \(dF = f(x)\,\text{d}x\). Daher sind alle Teile der zu aggregierenden Größe Änderungen der Größe \(F\) und somit die Summe der Teile gleich der Gesamtänderung von \(F\):
Das ist der Hauptsatz der 1-dimensionalen Differential- und Integralrechnung.
2-dimensionale Integrale¶
Die zu aggregierende Größe besteht aus dem Produkt der Änderungen von zwei unabhängigen Variablen \(x\) und \(y\) sowie einer davon abhängenden Größe \(f(x, y)\), z. B.
zu aggregierende Größe |
erste unabhängige Variable |
zweite unabhängige Variable |
abhängige Variable |
---|---|---|---|
Volumen unter dem Graph |
erste Koordinate (Ort entlang der Länge) |
zweite Koordinate (Ort entlang der Breite) |
Höhe am durch die Koordinaten gegebenen Ort |
Fläche eines ebenen Gebiets |
erste Koordinate (Ort entlang der Länge) |
zweite Koordinate (Ort entlang der Breite) |
konstant 1 |
Masse einer ebenen Platte |
erste Koordinate (Ort entlang der Länge) |
erste Koordinate (Ort entlang der Breite) |
Dichte (Masse pro Fläche) am durch die Koordinaten gegebenen Ort |
Wahrscheinlichkeit |
erste unsichere Größe |
zweite unsichere Größe |
gemeinsame Wahrscheinlichkeitsdichte der beiden Größen |
Berechnung:
\(\Delta x\) ist die Schrittweite der unabhängigen Variable \(x\), \(\Delta y\) ist die Schrittweite der unabhängigen Variable \(y\) und \(f(\xi_i, \eta_j)\) ist die abhängige Größe bei \((x,y)=(\xi_i, \eta_j)\) dem Beginn des \((i,j)\)-ten Gitterpunkts im Integrationsgebiet.
Das 2-dimensionale Integral kann auf zwei Arten auf zwei 1-dimensionale Integrale zurückgeführt werden, was dessen Berechnung in der Praxis erst möglich macht:
Oft läßt man die eckigen Klammern weg. Statt \(\text{d}x\,\text{d}y\) wird oft \(\text{d}A\) geschrieben, das als Flächenelement bezeichnet wird.
Variable Grenzen: Die Grenzen des inneren Integrals können von der Variable des äußeren Integrals abhängen. Dadurch kann man über Integrationsgebiete in der \((x,y)\)-Ebene integrieren, die allgemeiner als Rechtecke sind. Beispiel:
Angepasste Koordinaten: Eine andere Möglichkeit, um über allgemeinere Integrationsgebiete integrieren zu können, besteht darin, für das Integrationsgebiet angepasste Koordinaten zu verwenden (falls es solche gibt). Beispiel: Wir berechnen die Fläche eines Kreises vom Radius \(R\) mittels Polarkoordinaten. Diese hängen mit den kartesischen Koordinaten \(x\) und \(y\) über die folgenden beiden Gleichungen zusammen:
Wir wissen, dass sich im Sinn von Differentialen die Änderungen in \(r\) und \(\varphi\) über folgende lineare Beziehung zu Änderungen in \(x\) und \(y\) ergeben:
Die Vektoren \(\begin{pmatrix} \cos(\varphi) \\ \sin(\varphi) \end{pmatrix} \text{d}r\) und \(\begin{pmatrix} - r\sin(\varphi) \\ r\cos(\varphi) \end{pmatrix} \text{d}\varphi\) spannen jenes Parallelogramm in der \((x,y)\)-Ebene auf, das in linearer Approximation dem Rechteck in der \((r,\varphi)\)-Ebene mit Seitenlängen \(\text{d}r\) und \(\text{d}\varphi\) entspricht. Die Fläche dieses Parallelogramms in der \((x,y)\)-Ebene kann man über das Kreuzprodukt der beiden Vektoren berechnen:
Da die Determinante einer quadratischen Matrix der Fläche des von den Spaltenvektoren aufgespannten Parallelogramms entspricht, erhalten wir alternativ die obige Fläche als Determinante der Jacobimatrix \(\begin{pmatrix} \cos(\varphi) & - r\sin(\varphi) \\ \sin(\varphi) & r\cos(\varphi) \end{pmatrix}\) multipliziert mit \(\text{d}r\,\text{d}\varphi\):
Das führt zur sogenannten Substitutionsformel:
Für die Berechnung der Kreisfläche erhalten wir mit der Substitutionsformel folgendes Ergebnis:
3-dimensionale Integrale¶
Die zu aggregierende Größe besteht aus dem Produkt der Änderungen von drei unabhängigen Variablen \(x\), \(y\) und \(z\) sowie einer davon abhängenden Größe \(f(x, y, z)\), z. B.
zu aggregierende Größe |
erste unabhängige Variable |
zweite unabhängige Variable |
dritte unabhängige Variable |
abhängige Variable |
---|---|---|---|---|
Volumen eines Körpers |
erste Koordinate (Ort entlang der Länge) |
zweite Koordinate (Ort entlang der Breite) |
dritte Koordinate (Ort entlang der Höhe) |
konstant 1 |
Masse eines Körpers |
erste Koordinate (Ort entlang der Länge) |
zweite Koordinate (Ort entlang der Breite) |
dritte Koordinate (Ort entlang der Höhe) |
Dichte (Masse pro Volumen) am durch die Koordinaten gegebenen Ort |
Wahrscheinlichkeit |
erste unsichere Größe |
zweite unsichere Größe |
dritte unsichere Größe |
gemeinsame Wahrscheinlichkeitsdichte der drei Größen |
Berechnung:
\(\Delta x\) ist die Schrittweite der unabhängigen Variable \(x\), \(\Delta y\) ist die Schrittweite der unabhängigen Variable \(y\), \(\Delta z\) ist die Schrittweite der unabhängigen Variable \(z\), und \(f(\xi_i, \eta_j, \zeta_k)\) ist die abhängige Größe bei \((x,y,z)=(\xi_i, \eta_j, \zeta_k)\) dem Beginn des \((i,j,k)\)-ten Gitterpunkts im Integrationsgebiet.
Das 3-dimensionale Integral kann auf sechs Arten auf drei 1-dimensionale Integrale zurückgeführt werden, was dessen Berechnung in der Praxis erst möglich macht, z. B.:
Oft läßt man die eckigen Klammern weg. Statt \(\text{d}x\,\text{d}y\,\text{d}z\) wird oft \(\text{d}V\) geschrieben, das als Volumenelement bezeichnet wird.
Variable Grenzen: Die Grenzen des innersten Integrals können von den Variablen der äußeren Integrale abhängen. Die Grenzen des mittleren Integrals können von der Variablen des äußeren Integrals abhängen.
Angepasste Koordinaten: Beispiel Kugelkoordinaten
Die Determinante der Jacobimatrix ist \(r^2\sin(\vartheta)\). Das führt mit zum 2-dimensionalen Fall analoger Argumentation zur Substitutionsformel
Oberflächenintegrale¶
Mit einem Oberflächenintegral berechnet man den Fluss einer vektoriellen Größe durch eine Oberfläche. Die vektorielle Größe ist dabei durch ein Vektorfeld \(F(x,y,z)\) im Raum gegeben, und die Oberfläche ist durch eine Funktion \(X(u,v) = \begin{pmatrix} x(u,v) \\ y(u,v) \\ z(u,v) \end{pmatrix}\) parametrisiert.
Beispiele:
vektorielle Größe: Wärmestrahlung (W/m\(^2\)), allgemeiner Energiefluss (W/m\(^2\)), Massenstrom (kg/(s\(\cdot\)m\(^2\))) einer Flüssigkeit oder von Teilchen, elektrisches oder magnetisches Feld
Oberfläche: ebenes oder gekrümmtes Flächenstück wie z. B. (Halb-)Kugel, (Halb-)Zylinder, Paraboloid
Um den Gesamtfluss zu erhalten, werden approximierte Teilflüsse aggregiert. Die betrachtete Oberfläche im \((x,y,z)\)-Raum entspricht dem rechteckigen Parameterbereich \(u=u_1\) bis \(u=u_2\) und \(v=v_1\) bis \(v=v_2\) in der \((u,v)\)-Ebene. Der rechteckigen Teilfläche bei \((u,v)\) in der \((u,v)\)-Ebene mit Seitenlängen \(\text{d}u\) und \(\text{d}v\) entspricht in linearer Approximation das Parallelogramm im \((x,y,z)\)-Raum, das von den beiden an die Oberfläche tangentialen Vektoren \(\frac{\partial X}{\partial u}(u,v)\,\text{d}u\) und \(\frac{\partial X}{\partial v}(u,v)\,\text{d}v\) aufgespannt wird. Das Kreuzprodukt dieser Tangentialvektoren ohne \(\text{d}u\) und \(\text{d}v\) ist ein Normalvektor bei \((u,v)\) auf die Oberfläche:
Die Länge des Normalvektors mal \(\text{d}u\,\text{d}v\) ist gleich der Fläche des Parallelogramms. Daher ist der approximierte Fluss der vektoriellen Größe \(F(x,y,z)\) durch das Parallelogramm bei \((u,v)\) gegeben durch das innere Produkt
Durch Integration erhält man den Gesamtfluss:
Dabei nennt man \(\text{d}A\) das vektorielle Oberflächenelement.
Vorgehensweise:
Parametrisierung der Oberfläche durch eine Funktion \(X(u,v) = \begin{pmatrix} x(u,v) \\ y(u,v) \\ z(u,v) \end{pmatrix}\)
Einsetzen der Parametrisierung in das Vektorfeld \(F(x,y,z)\) ergibt das Vektorfeld als Funktion der Parameter \(u\) und \(v\): \(F(x(u,v),y(u,v),z(u,v))\)
Berechnen der partiellen Ableitungen \(\frac{\partial X}{\partial u}(u,v)\) und \(\frac{\partial X}{\partial v}(u,v)\)
Berechnen des Normalvektors \(N(u,v)\) als Funktion der Parameter \(u\) und \(v\) mittels Kreuzprodukt.
Berechnung des Integrals \(\int_{u=u_1}^{u=u_2}\int_{v=v_1}^{v=v_2} F(x(u,v),y(u,v),z(u,v))\cdot N(u,v) \,\text{d}u\,\text{d}v\) in der \((u,v)\)-Ebene.
Beispiele: Siehe 14_Mehrfachintegrale_und_Integralsaetze-scan.pdf
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Integralsätze¶
Satz von Green: in \(\mathbb{R}^2\)
Wir betrachten ein Vektorfeld \(F(x,y)\) über einer Fläche der Ebene, die gegen den Uhrzeigersinn von einer geschlossenen Randkurve begrenzt wird. Dann gilt:
Satz von Stokes: in \(\mathbb{R}^3\)
Wir betrachten ein Vektorfeld \(F(x,y,z)\) über einer Oberfläche im Raum, die von einer geschlossenen Randkurve begrenzt wird. Dann gilt:
Die Randkurve muss dabei in jener Richtung durchlaufen werden, sodass diese mit dem Normalvektor der Oberfläche ein rechtshändiges System bildet.
Satz von Gauß: in \(\mathbb{R}^3\)
Wir betrachten ein Vektorfeld \(F(x,y,z)\) in einem Raumvolumen, das von einer geschlossenen Oberfläche begrenzt wird. Dann gilt:
Die Oberfläche muss dabei so parametrisiert werden, dass der Normalvektor aus dem Volumen heraus zeigt.
Beispiele: Siehe 14_Mehrfachintegrale_und_Integralsaetze-scan.pdf
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